Choreografieren – Dritter Schritt

Formationen

Die Beziehung zwischen Publikum und Interpreten verändert sich je nach Standort auf der Bühne. In Abhängigkeit vom Ort im Raum, an dem eine Komposition ausgeführt wird, erhalten die Bewegungen eine nachdrücklichere oder intimere Bedeutung.

Formationen

Grafik:  Beispiel für eine Bühne mit Publikumsrängen.
Beispiel für eine Bühne mit Publikumsrängen.

In einem Theater ist die Bühne üblicherweise auf einer einzigen Seite offen, in Richtung Publikum. Um die Kommunikation zwischen Regisseur und Interpreten zu vereinfachen, tauchten im 17. Jahrhundert in Frankreich die Begriffe «avant-scène» (Vorbühne), «milieu» (Zentrum), «lointain» (Hintergrund) sowie – um links und rechts unabhängig von der Blickrichtung des Sprechers zu unterscheiden – «jardin» (linke Bühnenseite, franz. «Gartenseite») und «cour» (rechte Bühnenseite, franz. «Hofseite») auf. Im deutschen Sprachraum werden linke und rechte Bühnenseite gelegentlich nach konkreten städtebaulichen Elementen benannt, um sie auseinander zu halten.

Die Linie im Zentrum ist am stärksten, aber die Botschaft ändert sich abhängig davon, ob eine Bewegung im Vordergrund, im Zentrum oder im Hintergrund ausgeführt wird. Im Vordergrund ergibt sich ein intimer Kontakt zum Publikum, das Zentrum verweist auf ein Gefühl von Macht, und im Hintergrund bekommt der Interpret eine symbolische oder mysteriöse Dimension.

Disposition der Interpreten

Verschiedene Formationen von oben und frontal.
Verschiedene Formationen von oben und frontal.

Im Wissen um diese Zusammenhänge kann die Lehrperson die Teilnehmenden auf der Bühne in der Diagonale, auf einem Glied, in einer Kolonne, zu zweit usw. platzieren, sie auf den gesamten Raum verteilen oder mehrere Formationen kombinieren (Linie und Kreis). Immer berücksichtigen muss sie dabei den Standort des Publikums. So ist zum Beispiel eine Herzform nur dann sichtbar, wenn das Publikum höher sitzt als die Bühne.

Die Lehrperson muss sich auch der symbolischen Wirkung bewusst sein, die von der Platzierung der Interpreten auf der Bühne ausgeht. Hierzu einige Beispiele für eine traditionelle, auf eine einzige Seite hin offene Bühne.

  • Der Kreis symbolisiert gemeinschaftlichen Einklang (alle Tänzer sind gleich), Verzauberung, Feste in der Gruppe und die endlose Bahn.
  • Die Diagonale symbolisiert die Zukunft; sie ist die längste mögliche Gerade.
  • Die Senkrechte ermöglicht einen direkten, offenen Kontakt zum Publikum.
  • Die Parallele vermeidet im Gegensatz zur Senkrechten den Publikumskontakt. Der Interpret steht beinahe ausserhalb der Aktion.
  • Ein Zickzack vermittelt Unsicherheit, Spiel und Angst.
  • Zwei Gruppen, die einander gegenüberstehen, symbolisieren Kampf, wenn die Bewegungen jeweils auf die andern gerichtet sind, resp. Harmonie, wenn sie spiegelbildlich ausgeführt werden.