Emotionen im Sport

Kanalisieren von Positivem und Negativem

Für Sporttreibende ist es wichtig, mit Emotionen umgehen zu können und diese zu nützen. Doch: Wie können sie kontrolliert und positiv – im Sinne von leistungsfördernd – umgesetzt werden?

Es gibt im Sport keine richtigen oder falschen, sondern höchstens hemmende oder fördernde Emotionen. Dies gilt für jede der fünf Basisemotionen. Daher scheint es keine Verschwendung zu sein, dem Beherrschen und Nutzbarmachen von Emotionen im Sport vermehrt Beachtung zu schenken. Im Gegenteil – es sollte als eine Bereicherung für den Sportler/Schüler selbst, als auch für dessen Trainer/Lehrer angesehen werden.

Paradigmenwechsel gefordert

Emotionen im Sport: Kanalisieren von Positivem und Negativem

Die Kontrolle und das Hervorrufen der «richtigen» Emotionen ist zentral für eine erfolgreiche Sportausübung. Emotionen rufen eine Veränderung im physiologischen Erregungsniveau hervor, weshalb Techniken der Erregungskontrolle neben den kognitiven Strategien ebenfalls eine wichtige Rolle für die emotionale Kontrolle spielen. Ziel dabei sollte sein, die Intensität der Emotionen zu verringern und ungünstige Verhaltensweisen in den Hintergrund treten zu lassen. Unter kognitiven Strategien versteht man beispielsweise eine Umbewertung der Situation oder ein Konzeptwechsel, was so viel bedeutet, wie seine eigene Rolle oder die Rolle des Gegenübers im emotionalen Geschehen zu verändern oder anders zu gewichten.

Negative Emotionen

Negative Emotionen wie Angst oder Wut sind nicht von vornherein schlecht, denn durch sie haben Menschen schliesslich gelernt zu überleben, Gefahren zu erkennen und ihnen auszuweichen. Wichtig ist, sich nicht von der emotionalen Situation überwältigen zu lassen. Viel eher sollte man versuchen daraus auszubrechen und eine «Jetzt-erst-recht-Einstellung» aufzubauen. Dabei kann die Energie, welche der Körper freisetzt, kanalisiert und so gelenkt werden, dass man noch grösseren und besseren sportlichen Einsatz geben kann, um seine Ziele auch weiterhin erfolgreich verfolgen zu können.

  • Wut: Anstatt zu jammern, sich über einen Misserfolg so zu ärgern, dass die Motivation verringert wird und die Fehlerquote noch zusätzlich steigt, sollte der Ärger über Fehler dazu motivieren über die Ursache der Fehler nachzudenken und diese in einem zweiten Schritt zu vermindern. Die bei Wut erhöhte physiologische Erregung sollte also umgelenkt und positiv genutzt werden, indem sie für eine erhöhte Anstrengung genutzt wird. Dies aber nicht «blind vor Wut», sondern gezielt und mit Köpfchen. Man könnte sich dabei beispielsweise auf einfache Grundfertigkeiten rückbesinnen, die man gut beherrscht und gewinnbringend einsetzen kann.
  • Angst: Eine Folge davon ist nicht nur die Flucht, wie das Sprichwort «Angst verleiht Flügel» vermuten lässt, sondern auch Angriff. Durch Angst wird das motorische System aktiviert, und man ist wachsamer, was mit einem erhöhten Explorieren der Umgebung einhergeht. Die Emotion «Angst» kann also auch dazu führen, dass eine Handlung reflektierter angegangen und präziser ausgeführt wird, was in gewissen Sportarten durchaus von Vorteil sein kann. Damit nun aber Angriff, anstelle von Flucht aus der emotionalen Situation resultiert, ist eine Veränderung der Einstellung dieser Situation gegenüber nötig. Ziel ist es beispielsweise, dass die ängstliche Athletin den Wettkampf nicht als persönlichen «Kampf», sondern als Spiel, als eine Herausforderung, die Gegner im Spiel zu besiegen, betrachten kann.

Allgemein muss die physiologische Erregung, die durch eine unspezifische Stressreaktion entstanden ist und je nachdem zu Wut oder Angst geführt hat, umbewertet werden. Dafür ist jedoch eine kurze Entspannung nötig, die beispielsweise durch Selbstinstruktionen wie «beruhige dich» oder «das ist doch nicht so schlimm», erfolgen kann. Erst wenn wir die emotionale Situation aus einer gewissen Distanz betrachten, sind wir wieder dazu in der Lage, diese gewinnbringend nutzen zu können.

  • Trauer: Einerseits ist wichtig, dass man die Ursache für die Trauer identifiziert und versucht, das Trauer oder Enttäuschung auslösende Ereignis zu verarbeiten und nicht zu verdrängen. Andererseits sollte man sich aber, wie bei der Wut auch, stets die Frage stellen: «Nehme ich die Situation als Quelle für Trauer und Kapitulation oder zum Beispiel als Quelle für gesteigerten Einsatz und einen möglichen Neuanfang?» Um sich neu orientieren zu können, ist eine aktive Verarbeitung und ein Nachbearbeitungsprozess der emotionalen Situation nötig, so dass man sich von leistungshemmenden Kognitionen lösen und sich neue Ziele setzen kann.

Positive Emotionen

Gerade bei Sportarten mit motorischen Aufgaben, die eine hohe Präzisionsleistung und hohe kognitive Aufmerksamkeit erfordern, können positive Emotionen sehr konträr ausfallen. Denn sowohl positive als auch negative Emotionen haben in ihrer Konsequenz zunächst einen gemeinsamen Aspekt. Es kommt zu einer zentralnervösen Aktivierung und oftmals auch zu nicht leistungsförderlichen kognitiven Prozessen. Eine verminderte Konzentrationsleistung, ein Zustand erhöhter Sorglosigkeit oder gar Überheblichkeit, technische und taktische Fehler sowie eine Vernachlässigung der eigentlichen Aufgabe können die Konsequenzen sein.

  • Freude und Überraschung: In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass man lernt, zukünftige Emotionen zu antizipieren. So sind wir fähig, emotionsauslösende Situationen rechtzeitig zu erkennen, sind auf die mögliche Emotion vorbereitet und können sie in ihrem Intensitätsgrad und in ihrer Qualität und Richtung verändern. Dies erlaubt, dass wir unsere Emotionen schnell wieder in den Griff kriegen, unsere ganze Aufmerksamkeit wieder der eigentlichen Aufgabe widmen können und mögliche Folgefehler verhindern.