Emotionen im Sport

Milder Frust statt Wut

Alle Menschen haben sie. Manche leiden darunter, andere spielen damit oder nützen sie für ihre Zwecke. Auf den Spuren der Basisemotionen Freude, Wut, Trauer und Co.
Emotionen im Sport: Milder Frust statt Wut

Dass jubelnde Freude oder auch Riesenärger ausschliesslich den Gedanken entspringen, ist eine überholte Theorie. Genauso wenig funktionieren alle Emotionen ganz ohne das Denken. Wie aber entstehen dann Emotionen? Ein neues Modell dazu haben Prof. Dr. Albert Newen und seine Mitarbeiterin Alexandra Zinck vom Institut für Philosophie der Ruhr-Universität in Bochum entwickelt.

Es nutzt entwicklungspsychologische Erkenntnisse und klassifiziert alle menschlichen Emotionen nach ansteigender Komplexität in vier Entwicklungsstufen: in Prä-Emotionen, Basisemotionen sowie primäre und sekundäre kognitive Emotionen. Auf diesem Wege entsteht zum Beispiel aus einem vagen Wohlbefinden erst Freude, dann Zufriedenheit und schliesslich Stolz.

Signale und Verhaltensmuster

Emotionen im Sport: Milder Frust statt Wut

Werfen wir einen Blick auf die sogenannten Basisemotionen: Angst, Wut, Trauer, Freude, Überraschung und Ekel. Charles Darwin, der sich als Erster mit dem emotionalen Ausdruck bei Tieren und Menschen beschäftigte, postulierte, dass es für jede der Basisemotionen einen spezifischen, universellen Gesichtsausdruck gibt.

Sie werden also kulturübergreifend von allen Personen gleich verstanden und interpretiert, was das menschliche Zusammenleben um einiges vereinfacht. Mimische Signale informieren andere Personen nämlich über eigene Handlungsabsichten, wodurch man sich gegenseitig besser aufeinander einstellen kann und es in der sozialen Interaktion zu weniger Missverständnissen kommt.

Primäremotionen, wie man die Basisemotionen auch nennt, können in ihrer Intensität variieren und sind genetisch angelegte Verhaltensmuster, die sich im Laufe der Evolution herausgebildet haben, um eine optimale Anpassung an die Umwelt zu gewährleisten. Bei der Frage um ihre Funktion ging es ursprünglich also ausschliesslich darum, welchen Anpassungsvorteil sie im Laufe der Evolution mit sich bringen. Im Kampf ums Überleben nützen Emotionen dem Individuum beispielsweise, indem sie es zuverlässig und flexibel auf Umweltereignisse reagieren lassen.

Tief verankert

Emotionen im Sport: Milder Frust statt Wut

Allgemein lässt sich daher sagen, dass Emotionen feste, ungelernte Bestandteile des menschlichen Reaktionsvermögens bilden, die dem Individuum ein schnelles und der Situation angepasstes Handeln ermöglichen. Eine Emotion, die sich in ihrem Erstauftreten kaum beeinflussen lässt, dient dem Menschen sozusagen als Alarm – als eine Art Vorankündigung, die uns spüren lässt, dass etwas auf uns zukommt, dass eine sofortige Handlung erfordert wird.

Oder anders gesagt: Mach etwas und mach es schnell, mach es mit aller Konsequenz. Der Begriff Emotion wird aus dem lateinischen Wort «emovere» abgeleitet, was so viel bedeutet wie «sich bewegen». Nach Nitsch (2004) sind Emotionen handlungsregulierend, werden durch Handlungen reguliert und sind von Handlungserfahrungen abhängig. Sie werden stets von Handlungsimpulsen begleitet, welche emotions- und situationsspezifisch sind. Es wird daher automatisch eine der Situation entsprechende Handlung ausgelöst.

Emotionen im Sport: Milder Frust statt Wut

Gezähmte Reaktionen

Im Wandel der Zeit haben Emotionen jedoch etwas an ihrer rein evolutionsbiologischen Funktion verloren. Die Menschheit hat sich weiterentwickelt und mit ihr auch das Emotionsverständnis. Wir sind nicht mehr die «primitiven» Wesen, wie wir sie einst waren. Vieles, was früher noch als sinnvolles Verhalten gegolten hat, ist in unserer heutigen Gesellschaft schon lange nicht mehr angebracht oder gar akzeptiert. Neue Normen und Werte haben sich zum Wohle der Menschheit etabliert, nach denen wir als gesittete Wesen meist stillschweigend funktionieren.

So hat es dazu geführt, dass sich gewisse Regeln für das Zeigen von Emotionen in Abhängigkeit von der Situation, in der man sich gerade befindet, entwickelt haben. Die Konsequenz ist, dass auf einen Reiz nicht mehr automatisch und unter allen Umständen das reine, ungefilterte emotionale Verhalten folgt.

Der Mensch als soziales Wesen bewertet die erste emotionale Reaktion erst einmal danach, ob sie in der gegebenen Situation denn auch wirklich angebracht ist. Ist sie es nicht, wird die Reaktion nach Möglichkeit so verändert, dass anstelle von Wut beispielsweise nur noch ein milder Frust übrig bleibt.