Krafttraining im Berufsfachschulsport

Pädagogisch-didaktische Überlegungen

Neben dem Vermitteln von sportmotorischen Fähigkeiten eignet sich das Unterrichten von Kraft-training auf der Stufe Sek. II auch zur Förderung von überfachlichen Kompetenzen. Zudem kann das Bewusstmachen von körperlichen Aspekten zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen/jungen Erwachsenen beitragen.
Mehrere Personen beim Krafttraining in Turnhalle

Herausforderung «Trainingseffekt»

Der Rahmenlehrplan für Sportunterricht in der beruflichen Grundbildung definiert als Ziele neben einer berufsbezogenen Akzentuierung auch einen pädagogischen Doppelauftrag: Die Lernenden sollen angeleitet werden, sich die Sport- und Bewegungskultur zu erschliessen. Zudem sollen sie in ihrer Entwicklung durch Sport und Bewegung ganzheitlich und nachhaltig gefördert werden. Diese Entwicklung der Persönlichkeit soll in motorischer, sozialer, kognitiver, emotionaler und selbstverständlich auch in körperlicher Hinsicht geschehen.

Wenn, wie einleitend beschrieben, die Kraft als Basis von körperlicher Fitness verstanden wird und nur eine gewisse Regelmässigkeit zu erwünschten Effekten führt, ist es naheliegend, Formen von Krafttraining fix in den Sportunterricht einzubauen. Dabei besteht die Schwierigkeit, dass dieser Sportunterricht an Berufsfachschulen nur einmal wöchentlich stattfindet. Zwar ist einmal bekanntlich immer noch besser als gar nicht… aber um einen Trainingseffekt zu generieren, ist den Lernenden transparent zu erklären, dass es neben dem Sportunterricht noch mindestens ein zweites, idealerweise sogar ein drittes Training braucht.

Das Tolle daran: Je nach Leistungsstand und Trainingsziel muss der Aufwand zeitlich gar nicht riesig sein. 15 Minuten tägliches Krafttraining führen schon nach relativ kurzer Zeit zu Erfolgserlebnissen in Form von erhöhter Leistungsfähigkeit, somit zu einem besseren Körpergefühl und letztendlich zu mehr Lebensqualität.

Auszug aus dem RLP Berufsfachschulsport

Wettkampf/Gesundheit – Fachkompetenz: Die Lernenden kennen die Komponenten und Faktoren physischer Leistungsfähigkeit.

Motive pro Krafttraining

Als Sportlehrperson an einer Berufsfachschule wird man von jungen Lernenden mit unterschiedlichen Motiven konfrontiert, die bei der Durchführung von Krafttrainingssequenzen zwingend berücksichtigt respektive genutzt werden sollten. Insbesondere junge Männer streben nach einem muskulöseren Körper, den sie dann gerne zur Schau stellen wollen. Junge Frauen wünschen sich häufig eine Beseitigung von Problemzonen, häufig gepaart mit dem Wunsch, ja nicht zu muskulös zu werden.

Doch die Steigerung der Körperkraft bietet weitaus mehr als nur Äusserliches: Das Lebensgefühl in einem leistungsfähigen Körper ist um einiges energievoller und somit positiver. Dies geht einher mit dem unbestrittenen Aufbau eines gesunden und echten Selbstwertgefühles («Ich kann leisten! Ich habe Power!»). Selbstverständlich braucht es für all dies immer auch die nötige Selbstdisziplin

Auszug aus dem RLP Berufsfachschulsport

Gesundheit – Methodenkompetenz: Die Lernenden setzen sich eigene Ziele und arbeiten darauf hin.

Einsatzmöglichkeiten im Sportunterricht

Aufwärmen

Zur körperlichen Vorbereitung auf einen Hauptteil werden Kraftübungen in den Sportunterricht integriert. Wegen des unterschiedlichen Kraftniveaus bei den Lernenden ist darauf zu achte, die Belastungsvorgaben nicht einheitlich, sondern differenziert zu setzen. Es hat sich bewährt, den Lernenden z.B. die Möglichkeit zu geben, die Anzahl Wiederholungen selber zu wählen. Das führt eventuell zu Beginn zu Reaktionen wie «Ja, super, dann mache ich einen Liegestütz und zwei Rumpfbeugen…».

Solche Reaktionen sind ein idealer Steilpass, Motive pro Krafttraining zu sammeln (vgl. Einleitung) und die Lernenden in die (Selbst- und Mit-) Verantwortung zu führen. In einem nächsten Schritt kann dann auch die Auswahl der Übungen von den Lernenden selber getroffen werden. Wird ein solches Aufwärmen zum wöchentlichen Ritual, lohnt es sich, ein kleines Trainingsjournal pro Lernenden zu führen (Übungen, Anzahl Wiederholungen). Dieses kann allenfalls auch bezüglich Qualifizierung (Bewertung der Leistungssteigerung und/oder der Leistungsfähigkeit) genutzt werden.

Auszug aus dem RLP Berufsfachschulsport

Gesundheit – Fachkompetenz: Die Lernenden können ihre Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden erhalten und steigern.

Stationentraining – Kraftcircuit

Mithilfe der Kraft-Karten können sehr unterschiedliche Stationentrainings erstellt werden. Die Karten bieten den Vorteil, dass ein Parcours relativ schnell geplant werden kann und sie den Lernenden bei der Umsetzung helfen (korrekte Ausführung, Beschreibung der beanspruchten Muskulatur). Als Sportlehrperson gilt es zu entscheiden, welche Körperregionen mit dem Circuittraining beansprucht werden sollen, wie viele Stationen sinnvoll sind und wie lange die Belastungszeiten sind, bis ein Stationenwechsel durchgeführt wird.

Auch hier wäre es natürlich ideal, den Lernenden die verschiedenen Krafttrainingsgrundsätze (siehe S. 2, Kapitel «Grundsätze») zu vermitteln und sie ihre Trainingsziele selber setzen zu lassen, so dass diese die Übungsinhalte und die Anzahl Wiederholungen bei regelmässigem Durchführen mit der Zeit selber wählen. Dies funktioniert sicherlich bei Doppellektionen besser als bei Einzellektionen, wo eine gewisse Effizienz notwendig und der Zeitdruck gross ist.

Auszug aus dem RLP Berufsfachschulsport

Wettkampf – Selbstkompetenz: Die Lernenden können die eigene Leistungsentwicklung beurteilen und beeinflussen.

Rekonvaleszente Lernende trainieren Kraft

Wenn Lernende verletzt sind, ist es sehr sinnvoll, wenn sie die Zeit des Sportunterrichtes für ein gezieltes Krafttraining nutzen können, anstatt vom Sportunterricht dispensiert zu sein. Dabei hilft es sicherlich, wenn ein Arzt definiert, welche Körperregionen trotz der Verletzung aktiv sein dürfen. Die Website activedispens.ch gibt eine reiche Palette an Übungsformen für solche Situationen vor. Wenn die trainierbaren Körperregionen definiert sind, können auch die Kraft-Karten gezielt für ein Krafttraining genutzt werden.

Funktionelles Krafttraining – Mobilisation von Körperpartien

Bei längeren thematischen Inhalten (z.B. vertiefende Volleyballlektionen über mehrere Wochen) kann es sinnvoll sein, in die technischen und spieltaktischen Unterrichtssequenzen funktionelle Kraftübungen einzustreuen. Auf diese Weise entsteht zwar in dieser kurzen Zeit wohl kaum ein merklicher Kraftzuwachs für die bessere Ausübung der Sportart. Auch hier wäre es natürlich ideal, den Lernenden die verschiedenen Gründe für ein Krafttraining zu erläutern. Für die Lernenden kann aber so die Möglichkeit für eine Auseinandersetzung für motorische Abläufe geschaffen werden. Und man darf nie vergessen, dass etliche Lernende in ihrer Freizeit gezielt einer Sportart nachgehen. Die Erkenntnisse aus dem funktionellen Training können dann auf die eigene Sportart transferiert werden.

Auszug aus dem RLP Berufsfachschulsport

Gesundheit – Selbstkompetenz: Die Lernenden setzen erkannte Optimierungen im eigenen Bewegungsverhalten um.

Krafttest

In vielen Schullehrplänen sind Krafttests ein fixer Bestandteil des Qualifizierungssystems. Sicherlich können auch etliche der auf den Kraft-Karten vorgestellten Übungen für eine Testform zusammengestellt werden. Wir verzichten bewusst darauf, Kriterien für diesen Einsatz oder irgendwelche Wertetabellen zu definieren. Wir erachten es als sinnvoller, Kraftsequenzen nach den einleitend beschriebenen Trainingsprinzipien durchzuführen und dabei allenfalls die Leistungsfähigkeit der Lernenden im Hinblick auf eine qualifizierende Rückmeldung zu beobachten.

Bei einem Krafttest steigt die Gefahr, dass die Ausführung qualitativ sinkt. Es ist auch sehr schwierig, aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen eine Bewertung vorzunehmen, welche als fair und gerecht betrachtet werden kann. Zudem wird die Motivation, ein gesundes und vernünftiges Krafttraining in das eigene Lebenskonzept zu integrieren genau bei denjenigen sinken, die eigentlich ein solches Training am nötigsten hätten.

Auszug aus dem RLP Berufsfachschulsport

Wettkampf – Selbstkompetenz: Die Lernenden können die eigene Leistungsfähigkeit einschätzen.

Problematik «Doping»

Als Sportlehrperson an einer Berufsfachschule kommt es immer mal wieder vor, von Lernenden auf das Thema «Doping» angesprochen zu werden: «Was meinen Sie, soll ich nicht dieses Steroid-Präparat ausprobieren, das mein Kollege schon seit einem halben Jahr nutzt?» – Häufig wird man auch mit Trainingsprinzipien konfrontiert, die einen Missbrauch von leistungssteigernden Präparaten vermuten lassen.

Deshalb ist es für eine Sportlehrperson wichtig, über Kenntnisse eines vernünftigen und gesundheitsorientierten Krafttrainings zu verfügen und sich klar und deutlich von jeglichem Dopingmissbrauch zu distanzieren.

Gerne verweisen wir an dieser Stelle auf die Website www.coolandclean.ch von Swiss Olympic. Wirklich stark ist, wer seinen Körper fair und sauber leistungsfähiger macht!