Praxisbeilage 68

Parkour

Parkour ist die schnelle und effiziente Kunst der Hindernisüberwindung. Es ist die Freiheit und Motivation, Bewegung in Perfektion auszuleben. Dabei bewegt sich der Traceur (Parkour-Athlet) selbstbestimmt und sicher durch seine natürliche Umgebung.

Begründet wurde Parkour in den frühen 80er Jahren von dem Franzosen Davide Belle im Pariser Vorort Lisses. Die fliessenden Bewegungen waren auf absolute Effizienz ausgelegt, da Parkour vom Fluchtgedanken seines Vaters Raymond Belle während des Vietnamkrieges geprägt wurde.

Die natürlichen Bewegungen, denen David Belle mit Parkour einen Namen gab, sind so alt wie die Menschheit. In unserer urbanisierten Umwelt schöpft der Mensch nur noch einen Bruchteil seines Bewegungsspektrums aus.

Individualität vor Standardisierung

Bei Parkour kann jeder seinen individuellen Weg – entsprechend seinen Ressourcen und Fähigkeiten – beschreiten. Somit werden sich die Lernenden ihrer Schwächen und Stärken bewusst, da sie während des Trainings für sich arbeiten und sie sich nicht vor der Selbstkonfrontation verbergen können. Bei der Auseinandersetzung mit sich selbst gibt es bei Parkour kaum Interpretationsspielraum – die Rückmeldung des Bodens beispielsweise bei einer Rolle ist unverfälscht und echt.

Parkour findet prinzipiell draussen statt. Dies ermöglicht einen neuen, kreativen Gebrauch der Umgebung und fördert gleichzeitig auch deren Wertschätzung. Das gemeinsame Training stärkt die Schüler und bricht das klassische Klassengefüge auf, da sie sich aus dem bekannten Bewegungsschema lösen und sich unbekannten Herausforderungen stellen.

Beim Beschreiten dieser neuen Wege wird das lösungsorientierte Denken und Handeln der Schüler/-innen gefördert. Durch gemeinsame Grenzerfahrungen entwickeln sie ein empathisches Empfinden und der Klassenzusammenhalt wird gestärkt.

Schulsport inspiriert durch Parkour

Durch das breite Bewegungsspektrum und die hohe Anforderung an Bewegungsimprovisation steht ähnlich dem Kunstunterricht der Prozess vor dem Produkt. Parkour vereint Sport, mentale Auseinandersetzung, Kreativität und Wahrnehmung mit persönlicher Erfahrung und Reife. Das bestimmte Ziel – nämlich das effiziente Überwinden von Hindernissen – führt die Lernenden zu alltagsnahen, nützlichen und praxisorientierten Prozessen, die durchaus fächerübergreifend behandelt werden können.

Gesellschaftliche Werte werden somit nicht nur theoretisch vermittelt, sondern sogleich praktisch erfahrbar. Parkour eignet sich als erlebnispädagogisches Angebot mit Potenzial zum Leistungssport.

Noch mehr als andere Bewegungsformen lebt Parkour vor allem durch authentisches Vermitteln. Diese Praxisbeilage soll also vor allem ein allgemeines Verständnis schaffen und als Inspirationsquelle dienen, um den alltäglichen Schulunterricht aus einem «neuen» Blickwinkel betrachten zu dürfen. Um Parkour direkt im Schulunterricht zu integrieren, braucht es viel Selbsterfahrung und sollte daher von erfahrenen Traceuren begleitet werden.