Choreografieren

Ausgangspunkt

Um Erfolg zu haben, erfordert ein Choreografieprojekt vorab eine bisweilen lange Reflexionsphase. Dieses Kapitel beschäftigt sich mit sieben Fragen, die die Lehrperson zwingend beantworten muss.

Wozu: Ziel, Idee, Thema oder kreatives Konzept festlegen

Die Antwort auf das Wozu bildet die Essenz allen kreativen Schaffens. Sie kommt in einem Ziel, einer Idee, einem Thema oder einem Konzept zum Ausdruck und bildet die Richtschnur für die Lehrperson während des gesamten choreografischen Prozesses.

Beispiele:

  • Ziel: Organisation eines Auftritts oder eines Wettbewerbs.
  • Idee: ausgehend von einem Objekt, einem bestimmten Kostüm oder einer Musik Bewegungen kreieren.
  • Thema: ein Thema (Western) oder eine Geschichte (Romeo und Julia) inszenieren.
  • Konzept: Bewegungen in einem ungewöhnlichen Raum (einer Fabrik) kreieren oder zwei Disziplinen verbinden (Gymnastik und Klettern).

Wenn die Lehrperson das Wozu festlegt, muss sie die am Prozess beteiligten Teilnehmerinnen und Teilnehmer berücksichtigen (wer), den Ort der Vorstellung(en) (wo), die verfügbare Zeit (wann), das erwartete Publikum (für wen) und die Arbeitsmethoden (wie).

Wer: Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschreiben

Die Antwort auf das Wer klärt die Biografie der Teilnehmenden: Anzahl, Alter, Geschlecht, Niveau, Interessen und Beweggründe?

  • Anzahl?
  • Alter?
  • Geschlecht?
  • Niveau?
  • Interessen und Beweggründe?

Diese Informationen braucht es, um einen Prozess in Gang zu bringen, der zu den Teilnehmenden passt.

Wo: Aufführungsort präzisieren

Mit dem Wo wird die Frage nach dem Ort der Aufführung beantwortet: bekannter oder unüblicher Ort; drinnen oder draussen? Wie gross ist die Bühne; welche Form hat sie? Wie ist der Boden beschaffen? Sitzt das Publikum erhöht oder weiter unten? Frontal vor der Bühne oder rund herum? Die Lehrperson muss den Raum in Abhängigkeit von den Antworten auf diese Fragen nützen.

Beispiele:

  • Findet die Aufführung draussen statt, muss das Wetter berücksichtigt werden.
  • Auf einer betonierten Oberfläche sind Bewegungsabfolgen am Boden ungünstig.
  • Sitzt das Publikum erhöht, lassen sich bestimmte Formationen verwenden, die unsichtbar bleiben, wenn sich Publikum und Interpreten auf derselben Ebene befinden (siehe «Formationen»).

Wann: Datum des Anlasses und verfügbare Zeit festlegen

Aus dem Wann leiten sich die bis zum Anlass fälligen Aufgaben und deren zeitlicher Ablauf ab. Jeder Anlass ist einmalig und erfordert deshalb einen speziell dafür vorgesehenen Terminplan.

  • Trainingsplan: Die Lehrperson erstellt einen Trainingsplan, um das/die angestrebte/n Ziel/e zu erreichen, und berücksichtigt dabei:
    • – das Datum des Anlasses (braucht es, wenn er im September vorgesehen ist, eventuell zusätzliche Trainings wegen der Sommerferien?);
    • die Jahreszeit (falls der Auftritt im Dezember erfolgt, soll Weihnachten als Thema Eingang in die Choreografie finden?);
    • Anzahl und Dauer der Trainingseinheiten;
    • zusätzliche Proben;
    • Verfügbarkeit der Teilnehmenden.
  • Zeit: Die Lehrperson muss sich bewusst sein, dass kreatives Schaffen Zeit erfordert, nicht bloss in der Reflexions-, sondern auch in der Trainingsphase, weil die Umsetzung der Ideen oft Anpassungen nötig macht. Deshalb unbedingt schon bei der Planung Zeitreserven einbauen.
  • Material: Bei der Entwicklung einer Choreografie muss auch die Frage des Materials geklärt werden: Braucht es Kostüme oder spezielle Kulissen? Wie wird dieses Material beschafft? Braucht es Anproben, bevor mit der Entwicklung der Choreografie begonnen wird? Auch solche Aspekte müssen in die Planung einfliessen.
  • Kommunikation: Die Teilnehmenden (und ihre Eltern) müssen so rasch wie möglich über Ziele, wichtige Daten, zusätzliche Trainings usw. informiert werden. Sorgfältige Kommunikation ist für die Qualität des gesamten Prozesses von zentraler Bedeutung.

Für wen: Publikumserwartung ermitteln

Für wen definiert das am Anlass erwartete Publikum bzw. dessen Erwartung. Eine Choreografie wird nicht unabhängig davon geplant, ob sie vor Eltern, Freunden, Kennern oder einer Jury zur Aufführung kommt, da die Erwartungen je nach Zielpublikum unterschiedlich sind.

Beispiele:

  • Eltern oder Freunde sind begeisterte Zuschauer, wenn sie schon nur ihre Kinder oder Freunde auf der Bühne sehen. Die Lehrperson hat also quasi eine «Carte Blanche»
  • Eine Jury hingegen ist an genaue Beobachtungskriterien gebunden, welche die Lehrperson im kreativen Prozess berücksichtigen muss.

Wie: Arbeitsmethoden präzisieren

Mit dem Wie werden die beim Prozess eingesetzten Lern- oder Lehrmethoden genauer festgelegt.

  • Welche Lernform (offenes oder strukturiertes Lernen) entspricht der Situation?
  • Sollen die Lernenden bestimmte Teile der Komposition frei erschaffen?
  • Mit welcher Methode sollen neue Elemente bevorzugt eingeführt werden: Ganzheits-, Teilmethode oder eine Kombination der beiden?
  • Ist es sinnvoller, alles aufs Mal zu vermitteln, oder wird der Stoff besser in mehrere Teilschritte aufgeteilt?
  • Üben die Lernenden in der Gruppe, zu zweit oder individuell?

Die Lehrperson muss auch an die technischen Hilfsmittel und an das Material denken, das in dieser Lernphase zur Verfügung steht.

Das Vorgehen richtet sich nach Häufigkeit und Dauer der Trainingseinheiten. Die zur Verfügung stehende Zeit beeinflusst die Unterteilung des kreativen Prozesses in Einführungs-, Perfektionierungs- und Automatisierungsphase.

Was: den Rahmen des kreativen Schaffens festlegen

Aus dem Was ergibt sich das kreative Schaffen selbst. Einfach ausgedrückt umfasst dieses Konzept drei Etappen, welche die Lehrperson nach eigenem Gutdünken einsetzen und kombinieren kann.