Mit Behinderung im Sportunterricht

Alle im gleichen Boot

Gemeinsamer Unterricht mit Lernenden mit Behinderung und solchen ohne: Wie soll diese bereichernde Verschiedenheit in Sportlektionen integriert werden?

«Die meisten Jungen wollen Völkerball, andere Fussball und die meisten Mädchen Brennball spielen. Aber was geschieht mit Sven? Er ist mehrfach behindert. Beim Völkerball wird er sofort abgeworfen. Beim Brennball schafft er es nicht bis zum ersten Mal. Was soll die Lehrperson anbieten? Langsame kooperative Aufgaben und Singspiele mit Sven frustrieren die übrige Klasse. Kann man es überhaupt allen recht machen?» (Aus: sportpädagogik, 4/2003).

Behinderung im Sport: Alle im gleichen Boot
Die Integration schadet weder dem Wohlbefinden der normalbegabten noch jenem der behinderten Person.

Besondere Bedürfnisse

Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Interessen, Fähigkeiten und Bedürfnissen gibt es auf jeder Unterrichtsstufe. Der Erziehungswissenschafter Willibald Weichert stellt eine Frage, die für Sportlehrpersonen in Situationen mit starker Heterogenität von Interesse ist: «Wie kann man das Kind so in den Unterricht integrieren, dass ‹zwangsläufig› oder ‹natürlich› Bewegungs- und Spielaktivitäten entstehen, in denen das Problemkind in Bewegungsdialoge mit anderen Kindern eingebunden ist?»

Wie Weichert ausführt, müsste dies nicht nur aus karitativer Hilfsbereitschaft gegenüber dem behinderten Kind geschehen. Viel mehr müsse der Spass an der gemeinsamen Bewegungsaktivität im Vordergrund stehen. Das Ziel ist hoch gesteckt und kann nicht immer so erreicht werden. In besonders schwierigen Situationen müssen bereits kleinste Fortschritte gezählt werden. Also Teilintegrationen, die als Erfolg zu werten sind.

Von Grund auf neue Regeln

Jede Integration setzt eine Separation voraus und strebt als Ziel die Anpassung an eine bestehende Situation an. Beispielsweise wenn beim Brennball die behinderte Person ins Spiel integriert wird, ohne dass eine Veränderung der Grundregeln stattfindet.

Die Integration ist ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zur wirklichen Inklusion von Behinderten und Nichtbehinderten. Das Ziel der Inklusion ist, von Grund auf neue Regeln herauszuarbeiten, die den Dialog zwischen allen Beteiligten erleichtern (siehe Beispiel «Baskin»).

Die Chance wahrnehmen

Gute Rahmenbedingungen sind für ein didaktisches Vorgehen, das auf Inklusion abzielt, viel wert. Wenn die Unterschiedlichkeit von allen Beteiligten – besonders von den normalbegabten Schülern – als Chance und nicht als unüberwindbares Hindernis erlebt wird, entsteht für alle Lernenden ein zentrales Attraktivitätsmoment. Wichtig dabei: Die Begegnung mit der Unterschiedlichkeit soll schrittweise, harmonisch und frei von Zwängen erfolgen.

Mit anderen Worten: Die Integration schadet weder dem Wohlbefinden der normalbegabten noch der Person mit Behinderung, sondern ist für beide äusserst lehrreich. Gemeinsames Sporttreiben unter heterogenen Voraussetzungen ist hoch attraktiv, wenn die Unterschiedlichkeit bewusst gemacht und eine Balance zwischen Geben und Nehmen angestrebt wird.

Bibliografie: Weichert, W. (2003). Heterogenität attraktiv machen. In: sportpädagogik 4/2003